Ich bin in
den letzten Tagen auf einige Artikel gestossen, die sich kritisch mit dem
auseinandersetzen, was dort «Haltungsjournalismus» genannt wird. Befürworter
sprechen von «wertorientiertem Journalismus».
Charakteristisch
ist an solchem Journalismus, dass die alte Trennung von Bericht und Kommentar
aufgehoben ist. Man erkennt man Bericht auch sofort wie der Journalist dazu
steht. Man trifft dieses hauptsächlich in den großen überregionalen Zeitungen
und weniger in der Regionalpresse an.
Dass es
keine wertfreie Berichterstattung gibt, ist eine Binsenweisheit, die ich schon
in der Schule gelernt habe. Allein durch die Auswahl der Dinge, über die man
berichtet, gibt man schon ein Werturteil ab. Es stellt sich aber die Frage, ob
man ein Ziel gar nicht anstreben sollte, weil es nicht erreichbar ist. Auch
wenn eine objektive Berichterstattung nicht erreichbar ist, sollte man dann
nicht trotzdem versuchen, sich ihr zu nähern?
Viele
Journalisten sehen sich aber heute nicht als Berichterstatter, sondern als
Meinungsbildner. Manche glauben sogar, dass sie die Menschheit vor dem Untergang
bewahren müssen. Menschen, die sich gerne selbst eine Meinung bilden wollen,
fühlen sich dadurch bevormundet.
Ich glaube
jedoch, dass es sich um eine Minderheit handelt. Die Mehrheit der Leser möchten
von «ihrer» Zeitung ihre Sicht der Welt bestätigt und nicht in Frage gestellt
sehen. Ein schönes Beispiel gab es vor ca. einem Jahr als in der Frankfurter Rundschau
ein Artikel zu einer Anti-TTIP-Demonstration erschien. Die «Haltung» der FR und
der meisten ihrer Leser ist gegen das TTIP-Abkommen zu sein. Die Journalistin
machte sich, Bericht und Kommentar vermischend, über die Unwissenheit der
Teilnehmer lustig. Daraufhin erschienen böse Leserbriefe mit dem Tenor, dass
man so etwas in «seiner FR» nicht lesen möchte.
Bei dem ganzen wird ein Aspekt nicht erwähnt. Die Welt der Presse hat sich durch das Aufkommen des Internets gewaltig geändert. Die Zeitungen verdienen heute nur noch wenig Geld durch Anzeigen. Diese sind zu Ebay und anderen abgewandert. Die Zeitungen müssen heute «kundenorientierter» sein, um wirtschaftlich zu überleben. Man schreibt zwar nicht einfach simpel, was die Leute lesen wollen, aber man schreibt für ein gewisses Milieu, dem man im günstigen Fall selbst angehört.
Was macht
ein Journalist, der sich und seine Sicht der Welt ändert? Er sucht sich eine
neue Zeitung?
Zum Schluss
ein Lob auf unsere Regionalpresse: Bericht und Kommentar werden getrennt und
die politischen Positionen der Kommentatoren reichen von links bis weit rechts.